*----------------------------------------------* * Wie faengt man einen Loewen in der Wueste ? * *----------------------------------------------* Das Einfangen von Loewen in der Wueste ist ein schoenes Beispiel anwen- dungsnaher Mathematik, in das sogar physikalische Aspekte hineinspielen. Wir geben daher zum Nutzen der Leser eine Zusammenstellung wieder, die ihm bei diesem, im taeglichen Leben so haeufig auftretenden Problem, einige Leitlinien zur Loesungsfindung vermittelt. ************************** I. MATHEMATISCHE METHODEN ************************** 1. Die Hilbertsche oder axiomatische Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Man stellt einen Kaefig in die Wueste und fuehrt folgendes Axiom-System ein: Axiom 1: Die Menge der Loewen in der Wueste ist nicht leer. Axiom 2: Sind Loewen in der Wueste, so ist auch ein Loewe im Kaefig. Schlussregel: Ist [p] ein richtiger Satz, und gilt >> wenn [p], so [q] << so ist auch [q] ein richtiger Satz. Satz: Es ist ein Loewe im Kaefig. 2. Die geometrische Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Man stelle einen zylindrischen Kaefig in die Wueste. 1. Fall: Der Loewe ist im Kaefig. Dieser Fall ist trivial! 2. Fall: Der Loewe ist ausserhalb des Kaefigs. Dann stelle man sich in den Kaefig und mache eine Inversion an den Kaefigwaenden. Auf diese Weise gelangt der Loewe in den Kaefig und man selbst nach draussen. ACHTUNG: Bei Anwendung dieser Methode ist dringen darauf zu achten, dass man nicht auf dem Mittelpunkt des Kaefigbodens steht, da man sonst im Unendlichen verschwindet! 3. Die Projektionsmethode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ohne Beschraenkung der Allgemeinheit nehmen wir an, dass die Wueste eine Ebene ist. Wir projizieren diese auf eine Gerade durch den Kaefig, und die Gerade auf einen Punkt im Kaefig. Damit gelangt der Loewe in den Kaefig. 4. Die Bolzano-Weierstrass-Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wir halbieren die Wueste in Nord-Sued-Richtung durch einen Zaun. Dann ist der Loewe entweder in der westlichen oder oestlichen Haelfte. Wir wollen annehmen, dass er in der westlichen Haelfte ist. Daraufhin halbieren wir diesen westlichen Teil durch einen Zaun in Ost-West-Richtung. Der Loewe ist entweder im noerdlichen oder im suedlichen Teil. Wir nehmen an, er ist im noerdlichen. Auf diese Weise fahren wir fort. Der Durchmesser der Teile, die bei dieser Halbierung entsteht, strebt gegen Null. Auf diese Weise wird der Loewe schliesslich von einem Zaun beliebig kleiner Laenge eingegrenzt. 5. Die mengentheoretische Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Punkte der Wueste lassen sich wohlordnen. Ausgehend vom klein- sten Element erwischt man den Loewen durch transfinite Induktion. Bemerkung: Diese Methode ist in Fachkreisen umstritten, wegen der Verwendung des Wohlordnungssatzes bzw. des Auswahlaxioms. Wie so oft, hat auch die vorliegende Fragestellung zu einer fruchtbaren Entwicklung gefuehrt. Dabei wurde schliesslich eine sehr viel ein- fachere Methode entdeckt, die den genannten Mangel nicht auf- weist: Man betrachte alle Teilmengen der Wueste, die den Loewen ent- halten und bilde den Durchschnitt. Er enthaelt als einziges Element den Loewen. (Bei dieser Durchschneiderei ist lediglich darauf zu achten, dass das schoene Fell des Loewen nicht zerschnitten wird!) 6. Die funktionalytische Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Wueste ist ein seperater Raum. Er enthaelt eine anzaehlbar dichte Menge, aus der eine Folge ausgewaehlt werden kann, die gegen den Loewen konvergiert. Mit einem Kaefig auf dem Ruecken springen wir von Punkt zu Punkt dieser Folge und naehern uns so dem Loewen beliebig genau. 7. Die Peano-Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~ Man konstruiert eine Peano-Kurve durch die Wueste, also eine ste- tige Kurve, die durch jeden Punkt der Wueste geht. Es ist gezeigt worden, dass man eine solche Kurve in beliebig kurzer Zeit durch- laufen kann. Mit dem Kaefig unter'm Arm durchlaufe man die Kurve in kuerzerer Zeit, als der Loewe benoetigt, um sich um seine eigene Laenge fortzubewegen. 8. Die topologische Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Der Loewe kann topologisch als Torus aufgefasst werden. Man trans- portiere die Wueste in den vierdimensionalen Raum. Es ist nun moeg- lich, die Wueste so zu deformieren, dass beim Ruecktransport in den dreidimensionalen Raum der Loewe verknotet ist. Dann ist er hilf- los. 9. Die Cauchysche oder funktionentheoretische Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wir betrachten eine regulare loewenwertige Funktion [f] durch die Wueste. Der Kaefig steht im Punkt [z] der Wueste. Man bilde dann das Integral 1 +- f(zeta) ------ | -------- 2*pi*i -+ zeta - z C wobei [C] der Rand der Wueste ist. Der Wert des Integrals ist f(z), d.h. es ist ein Loewe im Kaefig. 10. Die Banachsche oder iterative Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es sei [f] eine Kontraktion der Wueste in sich. [x0] sei ihr Fixpunkt. Auf diesen Fixpunkt stellen wir den Kaefig. Durch sukzessive Iter- ation W = f(W), n = 0; 1; 2; .... (W = Wueste) n+1 n 0 wird die Wueste auf einen Fixpunkt zusammengezogen. So gelangt der Loewe in den Kaefig. 11. Die stochastische Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Man benoetigt dazu ein Laplace-Rad, einige Wuerfel und eine Gaussche Glocke. Mit dem Laplace-Rad faehrt man in die Wueste und wirft mit den Wuerfeln nach dem Loewen. Kommt er dann wutschnaubend angerannt, so stuelpt man die Gaussche Glocke ueber ihn. Unter ihr ist er dann mit der Wahrscheinlichkeit eins gefangen. 12. Die didaktische Mehode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Man naehere sich dem Loewen auf einer Brunerschen Spirale. Dann ele- mentarisiere man den Loewen zu einer Katze und fange ihn mit einer Schale Milch. ************************** II. PHYSIKALISCHE METHODEN ************************** 13. Die Newtonsche Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kaefig und Loewe ziehen sich durch die Gravitionskraft an. Wir ver- nachlaessigen die Reibung. Auf diese Weise muss der Loewe frueher oder spaeter im Kaefig landen. 14. Die Heisenberg-Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ort und Geschwindigkeit eines bewegten Loewen lassen sich nicht gleichzeitig bestimmen. Da bewegte Loewen also keinen physikalisch sinnvollen Ort in der Wueste einnehmen, kommen sie fuer die Jagd auch nicht in Frage. Die Loewenjagd kann sich daher nur auf ruhende Loewen beschraenken. Das Einfangen eines ruhenden, bewegungslosen Loewen wird dem Leser dieses Artikels als Uebungsaufgabe ueberlassen. 15. Die Schroedinger-Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die wahrscheinlichkeit dafuer, dass sich ein Loewe zu einem belie- setzte sich vor den Kaefig und warte. 16. Die Einsteinsche oder relativistische Methode ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Man ueberfliege die Wueste nahezu mit Lichtgeschwindigkeit. Durch die ralativistische Laengenkontraktion wird der Loewe flach wie Papier. Man greife ihn, rolle ihn auf und mache ein Gummiband herum.